Wenig gemerkt von Corona

Hoppe Pedroli, Michael

Einer der wenigen Teilnehmenden, die letzten Sommer einen Einsatz machen konnten, ist Michael Hoppe-Pedroli (Credit Risk Review, Schweiz) von der Credit Suisse. Er berichtet über seinen Einsatz in der Suchtfachklinik Zürich:

«Was mich sehr beeindruckt hat, war das grosse Engagement und die Empathie des Betreuungsteams in der Entzugsabteilung, wo ich die meiste Zeit verbracht habe. Die Patienten sind relativ jung, die meisten maximal Ende 30, und haben sehr unterschiedliche Erfahrungen und Bedürfnisse. Es ist ein 24/7-Betrieb, die Schichtwechsel bedingen dadurch viel Absprache, damit wichtige persönliche und körperliche Entwicklungen auch richtig interpretiert und aufgefangen werden können.

Die Offenheit der Patienten war enorm, sie erzählten von ihren Umständen und Zielen. Entscheidendes Gebot bleibt Freiwilligkeit und Eigenmotivation, denn Sucht in dieser Form könne man nur überwinden, wenn man im Kopf bereit bist, wurde mir erklärt. Kommt eine Welle mit Suchtdruck, muss man durchhalten und oben bleiben, der Drang wird sich lösen, das muss man trainieren, geht aber nur freiwillig.

Die neue, sehr moderne, fach-kompetente Suchtfachklinik mit Einzelzimmern war erst vor ein paar Monaten bezogen worden und war für die Betreuer wie auch die Patienten eine grosse Umstellung zum früheren Frankental, eine umfunktionierte Villa mit viel gemeinsamen Bewegungsräumen. So war es interessant zu hören, wie beide Strukturen sehr unterschiedlich die Betreuung und soziale Wiedereingliederung angehen.

In der Suchtfachklinik wird die Betreuung in eine Entzugs- und eine Entwöhnungs-Phase klar geteilt, wobei der Entzug viel mehr auf die körperliche und medizinische Stabilisierung über die ersten bis zu 6 Monate fokussiert mit regelmässigen Gruppenübungen. Die Entwöhnung hingegen zielt mehr auf eine langfristige psychologische und therapeutische Beratung mit vielen Gruppengesprächen, vor allem um Patienten vorzubereiten, wie sie mit alten Anreizen umgehen und mit welchen Tools sie gegensteuern können.

Die Leitung und das Team haben mich sehr offen aufgenommen. Mitgenommen habe ich viele persönliche Geschichten von Menschen, Schicksalen, und auch ihrem Engagement sich zu ändern, etwas zu erreichen. Vieles vom SeitenWechsel bleibt für mich persönlich von grossem Erfahrungswert, vor allem wie man Leuten eine Chance und nochmals eine Chance gibt. Zum Zeitpunkt von meinem Einsatz letzten Herbst war Covid zum Glück zwischen den zwei grossen Wellen und ich konnte somit trotzdem eine gute Interaktion mit allen Betreuern und Patienten haben, wenn natürlich auch immer mit Maske.»