«Unglaubliche Fortschritte in den letzten 3 Wochen»

BildWeissenheim

Das Weissenheim, ein heilpädagogisches Schulheim in Bern, schafft dieser Tage den Spagat zwischen den kantonalen Geboten zu notwendiger Kinderbetreuung und den bundesrätlichen Vorgaben zum Abstandhalten. Stefan Locher, der Leiter des Schulheims, berichtet von einer erstaunlichen Entwicklung der Schüler trotz heruntergefahrenen Betriebs.

«Der Präsenzunterricht ist vom Bundesrat verboten, aber von den kantonalen Behörden sind wir angehalten, während der Schulzeit Betreuung anzubieten wo nötig. Wir sind ja nicht nur eine Schule, sondern auch ein Internat. In den letzten 3 Wochen hatten wir gut die Hälfte der Kinder hier, einfach ohne regulären Schulbetrieb, die Lehrpersonen haben nicht unterrichtet, sondern Angebote gemacht. In kleinen Klassen waren sie in der Turnhalle, haben gebastelt und den Kindern, die lernen wollten, keine Steine in den Weg gelegt. Mitarbeitende, die zur Risikogruppe gehören, sind so nicht am Arbeiten und die anderen trotzdem gut ausgelastet.

Manche Kinder haben in den letzten drei Wochen schulisch unglaubliche Fortschritte gemacht, weil sie nichts müssen und ganz viel dürfen. Es gibt keinen Stundenplan, sie können intrinsisch motiviert arbeiten. Andere geniessen es sehr, dass im Moment am Frühstückstisch nur fünf statt neun Leute sitzen. Es gibt mehr Raum, äusserlich und auch im Innern.

Ohne Stundenplan ist es aber auch viel anstrengender, eine Struktur zu schaffen für die Zeit, wo Lernen stattfinden soll. Das merke ich bei meinen eigenen vier Kindern, es braucht viel Disziplin und einen Rhythmus.

Wir essen im Schulheim jetzt mit zwei Metern Abstand zu Mittag, empfangen keine Besucher und setzen die Massnahmen so gut wie möglich um im Wissen, dass es mit Kindern nicht immer möglich ist. Bis jetzt hatten wir Glück und keine Corona-Kranken.

Hilfe vor Ort brauchen wir im Moment nicht. Gesamtgesellschaftlich lohnt sich sicher der Blick auf die sogenannten Hoch- und Tieflohnbranchen. Ich hoffe, dass wir als Gesellschaft anfangen zu diskutieren, was relevant ist für unser Zusammenleben.

Das Medizinische ist derzeit ja der eine Teil; das Seelische der andere: Wir sind konfrontiert mit Angst und das schweisst uns zusammen. Der Zusammenhalt unter uns Mitarbeitenden und in der Zusammenarbeit mit den Eltern, das ist wichtig und tut uns gut. Wir haben das gemeinsame Interesse, dass alle gesund bleiben.»